Samstag, 3. November 2012

Hochzeit und Putsch in Gambia

History of Gambia

Meine Hochzeit verlief zeitgleich mit dem Putsch Jawaras.

Als ich 1994 in Gambia war um dort meinen Mann zu heiraten, wurde der Staatschef Jawara, der 34 Jahre im Amt war und in dieser Zeit wiederholt geputscht wurde, erneut seines Amtes enthoben. Er galt als korrupte Marionette Englands und er sollte endlich abdanken. Die Menschen liefen auf die Straße um Yahya Jamme zu sehen, das war der Mann, der Jawara und seine Leute über Nacht, still und leise abserviert hatte. Er besetzte alle strategisch wichtigen Positionen und der Putsch lief, soweit ich es mitbekommen habe, gänzlich unblutig ab. Vor lauter Menschen konnte ich allerdings nicht viel von ihm sehen.


Dafür wurden wir in der nächsten Tagen häufig kontrolliert. Ein Vorfall war besonders lustig. Ich saß in einem Bus als die Soldaten den Bus betraten und alles und jeden kontrollierten. Das war genau einen Tag nach dem Putsch. Ich sollte meine Tasche ausleeren und die Tampons die in leuchtend bunten Papier eingewickelt waren und die durch den ganzen Bus rollten zogen nicht nur die Aufmerksamkeit der Soldaten, sondern sämtlicher Businsassen auf sich. Das war mir schon etwas peinlich, glücklicherweise musste ich nicht erklären was das für Dinger sind. Man hielt sie wohl nach eingehender Kontrolle für harmlos.





Gambia hat eine bewegte Geschichte die ich hier in Kurzform darstellen möchte.

Amtssprache des westafrikanischen Landes ist Englisch. Afrikanische Sprachen: Wolof, Djola, Malinke und andere afrikanische Sprachen. Gambia liegt am Fluss des gleichnamigen Flusses Gambia. Die Hauptstadt heißt Banjul und wurde zur Kolonialzeit Bathurst genannt. Am 18 Februar 1965 wurde Gambia unabhängig.


1446 erreichten die ersten Europäer Gambia. Es waren portugiesische Seefahrer die als erste Europäer in Gambia anlegten. Sie wurden von den einheimischen angegriffen, die sich vor den hellhäutigen fremden Menschen fürchteten. Viele Seefahrer wurden  dabei getötet und kehrten nicht mehr in ihre Heimat zurück. Es dauerte jedoch nicht allzu lange bis die Europäer auch dieses afrikanische Land eroberten und kolonialisierten


1588 verloren die Portugiesen die Handelsrechte in Gambia, Portugal wurde damals vom spanischen Thron geführt, und als die spanische Armada von den Engländern vernichtend geschlagen wurde, erlangte England die Handelsrechte.


Im 17. Jahrhundert erwarb Herzog Jakob Kettler eine kleine Insel vor Gambia und etwas Land am Nordufer des Flusses. Die deutsch-baltischen Siedler lebten unter Gouverneur Otto Stiel in Freundschaft mit den Einheimischen. Sie waren von Herzog Jakob angehalten, deren Sprache zu lernen und deren Sitten und Religion zu respektieren. Der Herzog behandelte die Könige der gambischen Staaten als gleichgestellte Herrscher und beschenkte sie reich. Die afrikanischen Herrscher, dankten es ihm durch tatkräftige militärische Unterstützung gegen niederländische Eindringlinge. Dennoch wurden die kurländischen Besitztümer von der Niederländischen Westindien-Kompanie im Februar 1659 besetzt.


In der Folgezeit wechselte James Island mehrmals den Besitzer, mehrere europäische Nationen, private Kaufleute und Piraten hatten Interesse an dieser Insel. 1660 wurde in England eine neue Handelskompanie die Company of Royal Adventures trading to Africa gegründet. Sie sollte den Handel zwischen Westafrika und England wieder neu beleben.


Die Franzosen, die ihre erste Siedlung im heutigen Senegal 1626 gegründet hatten, konnten sich in der Zwischenzeit am Unterlauf des Senegal durchsetzen. Die 1673 gegründete französische Handelsgesellschaft Senegal Company konnte mit den einheimischen Herrschern in Nuimi Verträge abschließen, die es ihr erlaubten, 1681 bei Albreda in der Nähe von Juffure und James Island eine Handelsstation zu eröffnen. Drei Jahre später übernahm die RAC die Gambia Adventurers. Ganz Senegal wurde vom Januar bis zum Juli 1693 von den Engländern besetzt. Auch James Island und damit die gesamte politische und wirtschaftliche Herrschaft im Fluss blieb für hundert Jahre, seit dem Bau des ersten Forts von 1651, der Zankapfel der Nationen. 1701–1714 gelang es den Franzosen  erneut – und in der Folgezeit mehrmals – James Island einzunehmen und zu plündern.


Gambia war wurde also abwechselnd von Portugiesen, Engländern und Franzosen beherrscht, während die Deutschen dort eher nur so etwas wie ein kurzes Gastspiel hatten. Mit dem Pariser Frieden 1763 wurde Gorée wieder an Frankreich abgetreten, die französischen Angriffe dauerten aber an. Die Briten fassten im Mai 1765 ihre Besitztümer am Senegal- und Gambia-Fluss zusammen, die Kronkolinie nannten sie Senegambia.


Am 18 Februar 1965 wurde Gambia als konstitutionelle Monarchie  Mitglied im Commonwealth of  Nations. Damit wurde eine neue Verfassung, Flagge, Wappen und Nationalhymne eingeführt und der heutige Name Gambias wurde offiziell.Im englischen Sprachgebrauch wird starker Wert auf den Artikel im Namen des westafrikanischen Landes gelegt das fortan "The Gambia" genannt wird. An der Spitzeder Koalitionsregierung stand Premierminister Dawda Jawara, der 1966 zum Ritter geschlagen wurde und damit in den Adelsstand erhoben wurde.




Der Putsch Kukoi Samba Sanyangs 


Die relative Stabilität der Ära Jawara wurde Anfang der 1980er Jahre tief erschüttert. Bis zu diesem Zeitpunkt galt Gambia als „Musterland“ mit einer für afrikanische Verhältnisse vorbildlichen Demokratie. Politische Gefangene waren unbekannt, die Presse frei und ohne Repressalien. Aber das Land geriet wirtschaftlich in eine tiefe Krise: Durch eine hohe Inflation verursacht, stiegen in den Jahren 1979–1980 die Lebenshaltungskosten fast auf das Doppelte. Die schlechte Erdnussernte von 1981 verbesserte die Situation nicht. Weitere innenpolitische Probleme, beispielsweise drastische Steuererhöhungen, bildeten einen Nährboden für radikale Kräfte.

Linksorientierte Extremisten und anarchistische Kräfte brachten Gambia in eine Krise. Im Oktober 1980 wurde der stellvertretende Kommandeur der damaligen Polizeikräfte ermordet. Auf eine kostspielige Berufsarmee wurde zunächst verzichtet, da aufgrund des gambisch-senegalesichen Verteidigungsabkommens von 1965 senegalesische Truppen Hilfe leisten konnten. Die beiden Parteien Gambian Socialist Revolutionary Party (GSRP) und Movement for Justice in Africa-Gambia (MOJA-G), die zur Gewalt aufgerufen hatten wurden verboten, ihre Anführer verhaftet.

Am 30 Juli 1981 erschütterte erneut ein blutiger Putsch das Land. Jawara war zur Trauung von Prinz Charles und Lady Diana in London. Die Rädelsführer sollen aus den Reihen der verbotenen Parteien stammen. Die Zahl der Toten wurde auf mind.  500 Menschen geschätzt, inoffiziellen Angaben zufolge soll es sogar bis zu 2000 Tote gegeben haben. Es wurde die Diktatur des Proletariats ausgerufen und Jawara wurde in Abwesenheit seines Amtes enthoben. Jawara bat erneut um Hilfe durch senegalesisches Militär und innerhalb von fünf Tagen wurde der Aufstand niedergeschlagen. Jawara ordnete für vier Jahre den Ausnahmezustand an, während Sanyang Gerüchten zufolge die Flucht nach Guinea-Bissau gelang. Dabei soll er Unmengen geraubten Staats- und Privateigentums mitgenommen haben. 




Konföderation Senegambia 


Im Nachspiel zum Putsch unterzeichneten Gambia und der Senegal am 12. Dezember 1982 einen Vertrag, der die Vereinigung der Streitkräfte, der Währung und des Wirtschaftsraumes in der Konföderation Senegambia  vorsah. 1989 wirde die Konföderation aufgelöst, da sie die Erwartungen nicht erfüllt hat und es Streitigkeiten zwischen Gambia und Senegal bezüglich von Bauprojekten und wirtschaftlicher Prioritäten gab.

1983 wurde eine eigene gambische Armee aufgestellt. Jawara fungierte 1989 als Friedensvermittler im Mauretanisch-Senegalesischen Grenzkrieg. Die Korruptionsvorwürfe gegen Jawara wurden indes immer lauter. Selbst der römisch katholische Bischoff des Bistums Banjul schloss sich den Vorwürfen an.






Der Putsch und die Ära Yahya Jamme

Der 29-jährige Leutnant Yahya Jamme als Anführer der Armed Forces Provisional Ruling Council enthob Jawara seines Amtes.

Als am 22. Juli 1994 gambische Soldaten  aus Nigeria zurückkehrten und ihre Frontzulagen verlangten wurden sie am Flughafen von nigerianischen Soldaten entwaffnet. Widerholt gab es Probleme mit den Zahlungen von Sold und Zulagen. Es folgten Protestaktionen von Soldaten, sie besetzten das Telekommunikationszentrum, den Flughafen und andere strategisch wichtige Punkte. Jawara floh mit einem US-Navy Schiff, das sich gerade am Hafen von Banjul aufhielt und verließ das Land. Er ging nach England ins Exil und kehrte bis heute nie mehr nach Gambia zurück. Er regierte das Land 34 Jahre lang.

Jammeh erklärte sich in einer Radioansprache zum Präsidenten der Republik, setzte die Verfassung außer Kraft und verbot alle politischen Parteien. Er berief eine Regierung ein, die sich aus militärischen und zivilen Repräsentanten zusammensetzte. Das neue Militärregime versprach den Kampf gegen die Korruption aufzunehmen und nach einer Reorganisation den Weg zu Neuwahlen zu ebnen.

Am 24. Oktober 1994 ließ Jammeh verlauten, dass er den Ausnahmezustand bis 1998 halten möchte. Dies veranlasste das Ausland zu einer gemeinsamen Protestaktion und führte dazu, dass alle Finanzhilfen für Gambia eingefroren  wurden.  Als es dann auch noch zu einem Gegenputsch-Versuch von ranghohen Offizieren am 11. November kam, bei dem mehrere Soldaten getötet wurden, wurde Gambia zu einem unsicheren Land erklärt. Das westliche Ausland evakuierte nahezu alle Touristen aus dem Land. Im Januar 1995 wurde eine Reihe von oppositionellen Politikern verhaftet und die Todesstrafe wurde im August wieder eingeführt (bisher nicht angewandt).

Durch den internationalen Druck wurden – vielleicht um den Tourismus, von dem Gambia wirtschaftlich stark abhängig ist, nicht zu gefährden – bereits 1996 demokratische Wahlen angekündigt. Jammeh setzte eine provisorische unabhängige Wahlkommission ein, um nationale Wahlen zu organisieren.

Am 26. September 1996 wurde über die neue Verfassung abgestimmt und das Parteiverbot aufgehoben. Jammeh, der zuvor aus der Armee ausgetreten war, hatte mit seiner neu gegründeten Partei erfolgreich an den Präsidentschaftswahlen teilgenommen. Am 6 Nov. 1996 wurde Jammeh im Amt vereidigt.

Der Schritt aus der Isolation gelang Gambia, als es von 1998 bis 1999 als nicht ständiges Mitglied einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen übernehmen durfte. 1999 erfolgte die Vermittlung Gambias im Casamance-Konflikt (Senegal) sowie im Bürgerkrieg von Guinea-Bissao. 





Gambia heute

Die Jahre 1996 bis 2000 sind tatsächlich von einer gewissen Stabilität und einem wirtschaftlichen Aufschwung geprägt, allerdings sehen internationale Beobachter sie Amnesty International seither eine Verschlechterung der Menschenrechte. So wären wiederholt Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Oppositionsanhänger und Demonstranten willkürlich festgenommen und misshandelt worden.  Dies erfolgte durch den nationalen  Geheimdienst  National  Intelligence  Agency.

Es wird über mysteriöse Todesfälle und Folterungen berichtet und im Januar 2000 erfolgte ein missglückter Putschversuch. Es gab organisierte Proteste wegen dem mysteriösem Tod eines Studenten, der von Feuerwehrleuten im März zu Tode gefoltert worden sein soll sowie wegen der Vergewaltigung eines 13-Jährigen Mädchens durch einen Polizeibeamten. Von mehr als 100 verhafteten Studenten waren die meisten am nächsten Tag wieder frei. Schulen waren zeitweilig geschlossen und Patrouillen prägten das nächtliche Stadtbild. Es gab Brandstiftungen  in den Büros von Zeitungen und die Schlagzeilen solcher Vorfälle nehmen kein Ende.

Als Jammeh am 21 März zu einem Staatsbesuch in Mauretanien war, misslang ein Putschversuch, mehrere Personen wurden festgenommen, darunter auch Parlamentssprecher Sheriff Dibba, der aber später wieder freigelassen wurde. Auch hochrangige Mitarbeiter der NIA (Geheimdienst) sollen darin verwickelt gewesen sein.  Gambia unterzeichnete am 8 Juni die Antifolterkonvention der UN, aufgrund der Bevormundung der Presse haben die Vereinigten Staaten trotzdem die Entwicklungshilfe für Gambia gestrichen.

Tja hört sich alles vielleicht dramatisch an, aber wie sieht es bei uns mit der Unabhängigkeit der Medien aus? Sind unsere Medien noch unabhängig? Das wage ich doch stark zu bezweifeln. Wir nennen uns Rechtsstaat, aber tatsächlich sind wir längst zu einem Unrechtsstaat verkommen. 

Hartz IV und Leiharbeit verstoßen gegen die Menschenrechte auch wenn diejenigen die davon profitieren und die bei denen die Wahrscheinlichkeit in den zweifelhaften Genuss dieser Leistungen zu kommen, dies natürlich ganz anders sehen. 

Wer sich an der Arbeitskraft anderer bereichert und diesen mit Hungerlöhnen abspeist  ist nichts weiter als ein Sklavenhändler.

 Korruption und Kumpanei haben sich bei uns längst ausgebreitet und Leiharbeit ist und bleibt moderner Sklavenhandel. Wer in anderen Ländern Menschenrechte, Pressefreiheit und anderes bemängelt, sollte vielleicht erst mal vor der eigenen Türe kehren.  

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